Ein Konvoi mit 280 Lastwagen rollt aus dem Moskauer Umland in Richtung ukrainischer Grenze. Präsident Wladimir Putin hat die Abfahrt am Montag angekündigt – trotz aller Befürchtungen des Westens, dass Russland unter dem Vorwand der humanitären Hilfe für die Bevölkerung in die Ostukraine einmarschieren könnte. Der Konvoi transportiere Hilfsgüter, die Moskauer Bürger und Bewohner des Moskauer Umlandes gesammelt hätten, meldet eine russische Nachrichtenagentur. 

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, das den Einsatz eigentlich koordinieren sollte, erklärt, es habe keine Informationen über den Inhalt oder den Zielort der Fahrzeuge. Die Lastwagen seien weiß gespritzte Armeelaster, schreiben Moskauer Blogger.  Ein Sprecher der ukrainischen Regierung kündigt an, den Konvoi an der Grenze stoppen zu wollen. Man habe weder Informationen darüber, was die Lastwagen geladen hätten, noch über deren Ziel.

Das klingt alles beunruhigend. Hatte doch bereits vor Wochen einer der Emissäre aus Moskau in Donezk den Waffennachschub aus Russland als Hilfsleistung der russischen Zivilgesellschaft bezeichnet. 

Erinnerungen an Georgien

Was will Russland? Tatsächlich ist die humanitäre Lage in den umkämpften ostukrainischen Städten Donezk und Luhansk kritisch, es gibt kein Wasser, kein Strom, kein Benzin. Aber geht es Moskau nur um die 100 Tonnen Zucker und 62 Tonnen Kindernahrung, um Medikamente, Schlafsäcke und Generatoren, die sich in den Lastwagen des Konvois befinden sollen? 

Oder will es den separatistischen Kämpfern, die Russland in der Ukraine lange schweigend unterstützte und die nun militärisch in Bedrängnis geraten sind, helfen – zur Not als getarnte Friedenstruppe auch ohne internationales Mandat der UN oder der GUS-Staaten? Wie vor fast genau sechs Jahren, als Russland in Georgien mit der Begründung einmarschierte, es müsse einen "Genozid" an den Südosseten verhindern?

Vor fünf Tagen feuerten russische Panzer aus allen Rohren, und Kampfhubschrauber schwebten über das Schlachtfeld hinweg. Das russische Staatsfernsehen zeigte ein Manöver der potenziellen russischen Friedenstruppen im Gebiet von Samara. Eine ihrer möglichen Aufgaben, hieß es offiziell, sei "die Begleitung von humanitärer Hilfe". Verteidigungsminister Sergej Schoigu verkündete: "Friedenstruppen können unerwartet überall erforderlich sein." Zuvor hatte der Minister die Erfolgsmeldung des Kommandeurs der Brigade entgegengenommen: Der Verbrauch an Munition bei den Übungen sei in diesem Jahr im Schnitt etwa um das Fünffache gestiegen. Es schien, als sollte die Nation auf den Einsatz russischer Soldaten in der Ostukraine vorbereitet werden.