Den Rebellen gegen das Assad-Regime gehen immer schneller Kämpfer und Waffen aus. Der Rest von ihnen wird nicht aufgeben, sondern anderswo weitermachen, sich neu gruppieren und Unterstützer suchen. Syrien ist, wie das traurige alte Kinderlied über Pommerland klagt, abgebrannt.
Das aber bedeutet nicht, dass irgendeine Art von Frieden einkehrt und die Überlebenden das Schlimmste hinter sich haben. Fassbomben mit Chemiewaffen, aus Hubschraubern abgeworfen auf einen Vorort von Damaskus, wo sich noch Widerstand regt, verraten dieselbe brutale Handschrift, die schon früher für unerhörte Kriegsgräuel verantwortlich war und amerikanische „rote Linien“ als substanzloses Selbstgespräch entlarvte.
Ohne Putin und dessen Interesse an einer Militärkolonie am östlichen Mittelmeer sähe die Lage anders aus. Aber die Russen sind da, um zu bleiben. Ihre strategische Idee heißt, Assad zu halten, weil er außer im Iran der Mullahs keine Freunde hat. Dass das Militärregime in Damaskus religiös indifferent ist, während die Ayatollahs von Teheran praktizierende Fanatiker sind – was tut es, wo es für Assad ums Überleben und für Moskau um Einfluss geht?
Da aber kommt Israel ins grausame Spiel und der jüngste Luftangriff auf die syrische Luftwaffenbasis T4 bei Homs. Der hat wahrscheinlich wenig mit Chemiewaffen zu tun, sondern wie ein ähnlicher Einsatz vor ein paar Wochen mit dem strategischen Leitmotiv der Israelis, den Luftraum über dem Libanon und weiten Teilen Syriens weiterhin als No-go-Zone für die Hisbollah und iranische Anti-Air-Waffen-Lieferungen unter Kontrolle zu halten – und, wenn nötig, ein solches Verbot mit Gewalt durchzusetzen. Hier herrscht seit 2011 ein veritabler Krieg, der nur nicht so heißt.
Wäre die Lage bipolar zuzuordnen, dann hätten Verhandlungen und das ganze diplomatische Ballett eine Chance. Aber dem ist nicht so. Syrien ist längst ein zerklüftetes, vieldimensionales Schlachtfeld, das rundum böse Geister tanzen lässt.
Dass eine solche Lage brandgefährlich ist, Waffenstillstand oder gar Friede vielleicht noch auf Jahre aussichtslos, braucht man niemandem zu erklären. Was im Hintergrund dieser Elendsszenen ständig droht, ist die direkte Konfrontation zweier Nuklearmächte. Was längst für jedermann erkennbar im Gang ist, sind die absichtsvolle Vertreibung und die Flucht von Millionen Menschen vor Tod und Verderben.
Darauf hat Deutschland, haben die Europäer bisher keine strategische Antwort gefunden. Sie haben ja nicht einmal die Dimension dieser geostrategischen Revolution erfasst.