Ermittlern ist es erstmals gelungen, gegen eine deutsche Daesch-Anhängerin nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik einen Haftbefehl zu erwirken. Die 27 Jahre alte Jennifer W. sei am Freitag im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben festgenommen worden, teilte die Bundesanwaltschaft am Montag in Karlsruhe mit. Zudem sei ihre Wohnung im Landkreis Vechta in Niedersachsen durchsucht worden.
Generalbundesanwalt Peter Frank will verstärkt auch gegen Anhängerinnen der Terrororganisation Daesch vorgehen. In den meisten Fällen ist das aber schwierig, weil die Frauen zwar oft Kämpfer heiraten und gemeinsame Kinder im Sinne der Daesch-Ideologie erziehen, aber nicht selbst aktiv werden oder gar zur Waffe greifen.
Jennifer W. war als "Sittenpolizistin" im Einsatz
Bei Jennifer W. konnten die Ermittler den Angaben zufolge nachweisen, dass sie zwischen September 2014 und Anfang 2016 im Irak für die Terrormiliz Daesch als "Sittenpolizistin" auf Patrouille ging. Sie habe in den Parks der Städte Falludscha und Mossul abends darauf geachtet, dass andere Frauen die Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften des Daesch einhielten. Dafür habe sie zwischen 70 und 100 US-Dollar im Monat bekommen.
Vor zweieinhalb Jahren wurde die mutmaßliche Islamistin nach einem Besuch der deutschen Botschaft in Ankara von türkischen Sicherheitskräften festgenommen und nach Deutschland abgeschoben, wie weiter mitgeteilt wurde. Seither sei es ihr Ziel gewesen, wieder in das Herrschaftsgebiet des Daesch zurückzukehren. Die 27-Jährige befindet sich demnach seit Samstag in Untersuchungshaft.
Erst vor Kurzem hatte die Bundesanwaltschaft in einem ähnlichen Fall einen Rückschlag hinnehmen müssen. Damals lehnte es der zuständige Bundesgerichtshof (BGH) ab, einen Haftbefehl gegen eine Frau aus Hessen zu erlassen, die in Syrien mit einem Daesch-Kämpfer zusammengelebt hatte. Zur Begründung hieß es, der bloße Aufenthalt einer Frau beim Daesch und ihre Teilnahme am Alltagsleben reichten dafür nicht aus.
Diesmal hatten die Ermittler Erfolg: "Es ist die erste Frau, bei der es uns gelungen ist, eine solche Erkenntnis-Grundlage zu ermitteln, dass es den Anforderungen der Rechtsprechung des BGH genügt", sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft.
Generalbundesanwalt Frank hatte zu Jahresanfang angekündigt, stärker gegen Frauen im Dienste des Daesch vorgehen zu wollen. Laut den im Januar bekannt gewordenen Zahlen hatten sich 2017 von den mehr als 1000 neuen Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft gegen islamistische Verdächtige 24 gegen Frauen gerichtet. Der Sprecherin zufolge sind im Jahr 2018 mehr als 20 neue Verfahren gegen Frauen dazugekommen. (dpa)
Der WESER-KURIER verwendet den Begriff „Islamischer Staat“ nicht, weil diese Terrorgruppe weder religiös motiviert noch ein Staat ist. Wir sprechen wie ihre Gegner von Daesch.