Zum Inhalt springen

Terrormiliz IS gibt Tipps für Rückkehrer

Einmal Gottesstaat - und wieder zurück: Immer mehr Islamisten verlassen den Irak und Syrien. Nach SPIEGEL-Informationen berät der IS die Dschihadisten, wie sie unauffällig ausreisen können.
Szene aus Propaganda-Video der Terrormiliz "Islamischen Staat" (IS)

Szene aus Propaganda-Video der Terrormiliz "Islamischen Staat" (IS)

Foto: Uncredited/ dpa

Die unter Druck geratene Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bereitet ihre Anhänger auf die Flucht aus Syrien vor. Wie aus einem internen Papier der deutschen Sicherheitsbehörden hervorgeht, hat die Organisation eine Internetseite eingerichtet, die sich gezielt an heimkehrwillige Dschihadisten aus dem Ausland richtet. Etwa 40.000 dieser sogenannten Foreign Fighters sollen sich dem IS angeschlossen haben. Das Angebot im Netz sei eine "Einrichtung für Auswanderer" und diene als "Schutzschild gegen Gerüchte des Feindes", so der IS.

Die internationalen Kämpfer der Miliz - darunter Hunderte Deutsche - werden in verschiedenen Sprachen davor gewarnt, bei der Rückreise etwa nach Europa falsche Reisepässe zu benutzen. Stattdessen sollten sie auf echte Papiere anderer zurückgreifen oder gänzlich auf Dokumente verzichten. Die Dschihadisten werden zudem aufgefordert, Gegenstände, die ihre Identität offenbaren könnten, in Syrien zurückzulassen. Auch seien Gespräche mit Fremden über den IS zu vermeiden.

Die Internetseite zeige, analysieren deutsche Behörden, "dass die reale militärische Lage des IS in Syrien von seinen Unterstützern als prekär anerkannt wird". Immer mehr IS-Kämpfer fliehen demnach aus dem Kampfgebiet.

Die deutschen Sicherheitsbehörden bereiten sich seit Monaten auf die erwartete Rückreisewelle vor. Bislang ist von den etwa 1000 Islamisten, die aus Deutschland nach Syrien und in den Irak gezogen sind, erst etwas mehr als ein Drittel zurückgekehrt. Mehr als 100 der aus Deutschland ausgereisten Islamisten befinden sich nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden in kurdischer Gefangenschaft.

Polizei, Justiz und Nachrichtendienste befassen sich allerdings auch mit dem Szenario, dass nach dem Zusammenbruch des sogenannten Kalifats neben den hiesigen Szene-Angehörigen auch andere Dschihadisten eher nach Deutschland fliehen dürften, als in ihre Heimatländer zurückzukehren. Das gelte vor allem für IS-Kämpfer aus dem Nahen Osten und Nordafrika, heißt es in einem Dokument.

Bei den Rückkehrern unterscheiden Staatsschützer zwischen drei Typen, die sie die Desillusionierten, Traumatisierten und Ideologisierten nennen. Vor allem von letzterer Kohorte soll eine große Gefahr ausgehen. Sie sind demnach potenzielle Attentäter.

Die Behörden beschäftigt zudem die Rückkehr Hunderter Kinder, die mit ihren fanatischen Eltern nach Syrien gezogen waren oder dort geboren wurden. "Damit könnte auch hier eine neue Dschihadistengeneration herangezogen werden", warnte Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen bereits im Herbst 2017. "Dieses Risiko muss die Gesellschaft sehr genau im Blick behalten und sich konzeptionell entsprechend aufstellen", so Maaßen. Die Sicherheitsbehörden versuchen inzwischen in den bekannten Fällen, Jugend- und Sozialämter sowie Familiengerichte auf die Probleme aufmerksam zu machen.

Video: In Kurdenhaft - IS-Kämpfer der Lohberger Brigade im Interview

SPIEGEL TV