E-Paper
Behörde fürchtet Radikalisierung

Verfassungsschutz warnt vor Leipziger Salafisten

Imam Hassan Dabbagh (rechts) an der Leipziger Al-Rahman Moschee.

Imam Hassan Dabbagh (rechts) an der Leipziger Al-Rahman Moschee.

Leipzig. Zumindest die Eigendarstellung des Moscheevereins in der Leipziger Roscherstraße klingt ausgesprochen unverdächtig. „Unser einziges Ziel ist Wohlgefallen von Allah ta′ala“, heißt es auf der Homepage. „Unser Ziel ist es nicht, gewaltverherrlichende Aussagen zu verbreiten und Unruhe zu stiften.“ Der sächsische Verfassungsschutz beurteilt die Lage schon seit etlichen Jahren deutlich kritischer. Auch in seinem aktuellen Bericht warnt der Inlandsgeheimdienst auf zweieinhalb Seiten vor dem Einfluss der dort agierenden Salafisten. In der Moschee würden „Integrationsbemühungen unterlaufen und einer Radikalisierung von Muslimen Vorschub geleistet“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Sachsenweit gebe es aktuell etwa 430 Islamisten, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. 230 von ihnen zählt der Verfassungsschutz zum salafistischen Milieu, ein Zuwachs um 15 Prozent. „Sie streben eine Rechtsordnung an, die ausschließlich auf Koran und Sunna basiert“, heißt es im Behördenbericht. „Die Einführung einer solchen Ordnung wird auch für westliche Länder, in denen Muslime leben, angestrebt. Insofern liegt auch eine politische Bestimmtheit vor, die über eine reine Glaubensfreiheit hinausgeht.“ Kernpunkte seien die Ablehnung von Demokratie und Rechtsstaat, der absolute Geltungsanspruch der Scharia als allumfassende Lebensordnung, die Ablehnung der Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie Abgrenzungsmechanismen gegenüber anderen Religionen und vermeintlich Ungläubigen.

Gläubigen fehlt es an Alternative

Als Schwerpunkt salafistischer Strukturen in Sachsen gilt seit Jahren die Al-Rahman-Moschee in der Roscherstraße . Allerdings: Von den rund 1000 Moslems, die hier regelmäßig das Freitagsgebet besuchen, gehören nach Erkenntnissen des Inlandsnachrichtendienstes die meisten gar nicht dem salafistischen Spektrum an. Bereits 2017 wiesen die Schlapphüte darauf hin, dass es vielen Gläubigen wohl an Alternativen fehlen dürfte, andere Moscheen zum Gebet aufzusuchen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Durchaus ein Problem: Denn in der Roscherstraße treffen diese Moslems auf Imam Hassan Dabbagh, einen "überregional bekannten Multiplikator des politischen Salafismus in Deutschland", so der Verfassungsschutz. In seinen Freitagspredigten verbreite der Deutsch-Syrer salafistische Ideologie. "Trotz Dabbaghs Distanzierung von religiös motivierten Terrorakten sind seine Äußerungen geeignet, die Bildung von Parallelgesellschaften außerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu fördern und mittelbar Hass und Gewalt zu schüren", warnt die Behörde. Zu seinen Feindbildern zähle etwa die Ahmadiyya-Gemeinde, welche in diesem Monat nach jahrelanger Verzögerung einen Bauantrag für ihre geplante Moschee in Gohlis eingereicht hat. Zudem sehe er das Tragen eines Hidschab bereits im Grundschulalter als religiöse Pflicht an. Das Fazit des Verfassungsschutzes zum umstrittenen Moschee-Vorsteher fällt deutlich aus: " Eine Gesamtschau seiner Argumentationsmuster zeigt eine ablehnende Haltung zur Demokratie."

Linke Initiative fordert Verbot

Dabbagh und die Seinen reagierten schon vor Jahren empfindlich auf Behördenberichte. 2014 verlangte der Imam sogar eine Streichung der ihn betreffenden Passagen im Verfassungsschutzbericht, was aber 2017 vom Verwaltungsgericht Dresden rechtskräftig abgewiesen wurde. Daraufhin veröffentlichte der Moschee-Verein auf seiner Homepage einen Offenen Brief.

Die Öffentlichkeit reagiert zunehmend kritischer auf das Wirken der Salafisten in der Roscherstraße. So protestierte im Dezember vorigen Jahres ein linkes Bündnis vor der Moschee und forderte die Einleitung eines Verbotsverfahrens. Bei der Kundgebung der Leipziger Initiative gegen Islamismus hieß es: "Der Widerstand gegen den islamischen Fanatismus darf weder einer blinden Toleranz zum Opfer fallen noch durch fremdenfeindliche Identitätspolitik verdrängt werden."

Von Frank Döring

LVZ

Anzeige
Anzeige