Am 18. Juni 1970 beschloss der Interner Link: Bundestag eine Grundgesetzänderung zur Absenkung des Wahlalters auf 18 Jahre. Zuvor hatte das aktive Mindestwahlalter bei 21 Jahren gelegen. Das passive Wahlalter, also das Alter ab dem man auch selbst zum Abgeordneten gewählt werden kann, wurde gleichzeitig von 25 auf 21 Jahre abgesenkt.
Erst seit 1975 gelten junge Menschen in Deutschland mit 18 Jahren als volljährig und haben auch das passive Wahlrecht inne.
Wie kam es zu der Reform?
Ab Mitte der 1960er-Jahre sprachen sich im Zuge der Interner Link: Studentenproteste gegen den Interner Link: Vietnamkrieg, die Interner Link: Notstandsgesetze oder die mangelnde Interner Link: Aufarbeitung der NS-Verbrechen immer mehr Menschen in Deutschland für ein Wahlrecht ab 18 Jahren aus. Viele hofften, dass die Interner Link: Senkung des Wahlalters zu einer Integration der protestierenden Jugendlichen in die parlamentarische Demokratie beitragen könne. Der spätere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) argumentierte 1968, es gehe darum, "den jungen Menschen die Chance der Mitwirkung in diesem Staat zu eröffnen".
Weitere Argumente vieler Befürworterinnen und Befürworter waren, dass 18- bis 20-Jährige teilweise bereits im Berufsleben stünden und im Schnitt sogar besser informiert seien als 21- bis 25-Jährige. Außerdem konnten sie als Soldaten bei der Bundeswehr im Interner Link: Verteidigungsfall eingezogen werden. Viele bezweifelten, dass der Staat ihnen da das Wahlrecht verweigern dürfte. Kritikerinnen und Kritiker der Reform argumentierten hingegen, jungen Menschen fehle die nötige Reife zu wählen.
"Mehr Demokratie wagen"
In seiner Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 kündigte der damalige Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) schließlich an, die SPD/FDP-geführte Bundesregierung werde dem Bundestag ein Gesetz zur Absenkung des aktiven Wahlalters auf 18 und des passiven Wahlalters auf 21 Jahre vorlegen sowie die Volljährigkeitsgrenze überprüfen.
Bei der Externer Link: Abstimmung am 18. Juni 1970 erreichte die Vorlage die für eine Änderung des Grundgesetzes notwendige Interner Link: Zweidrittelmehrheit. In allen drei Fraktionen – Union, SPD und FDP – gab es am Ende keine Gegenstimmen, 441 Abgeordneten stimmten der Grundgesetzänderung zu, zehn enthielten sich. Von den 15 Berliner Abgeordneten enthielt sich zudem einer der Stimme. Am 31. Juli 1970 trat die Grundgesetzänderung in Kraft. Das Bundeswahlgesetz wurde vor der Bundestagswahl 1972 entsprechend geändert.
In der DDR galt schon ab der ersten Wahl zur Interner Link: Volkskammer 1950 das aktive Wahlrecht ab 18 Jahren. Das passive Wahlrecht lag zuerst bei 21 Jahren, wurde aber 1974 ebenfalls auf 18 Jahre gesenkt. Allerdings gab es in der DDR bis zum Zusammenbruch des SED-Regimes 1989 nie eine ernsthafte parlamentarische Opposition. Die Interner Link: erste freie Volkskammerwahl fand 1990 statt.
Wahlrecht heute
Wer wählen darf und wie gewählt wird, regelt das Bundeswahlgesetz. Dieses wurde mehrfach geändert: So beschloss der Bundestag beispielsweise 1953 die Fünfprozenthürde. Im gleichen Jahr wurde auch die Zweitstimme bei Bundestagswahlen eingeführt, 1956 folgte die Möglichkeit zur Interner Link: Briefwahl. 1972 fand schließlich die Herabsetzung des Wahlalters Eingang in das Bundeswahlgesetz.
Wer in Deutschland an Landtags- und Kommunalwahlen teilnehmen darf, ist regional unterschiedlich geregelt. EU-Ausländer dürfen zwar bei Kommunalwahlen wählen, jedoch nicht bei Landtags- oder Bundestagswahlen. In über der Hälfte der Bundesländer können 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben. Und in den beiden Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie in den Bundesländern Brandenburg und Schleswig-Holstein dürfen 16-Jährige auch an Landtagswahlen teilnehmen.
Politische Jugend – Wählen mit 16?
Heute ist weitgehend unstrittig, dass die Absenkung des Wahlalters auf 18 Jahre die politische Teilhabe junger Menschen erhöht hat. Die Interner Link: Wahlbeteiligung der 18- bis 21-Jährigen war bei den vergangenen Bundestagswahlen allerdings etwas geringer als die durchschnittliche Wahlbeteiligung (um 7,3 Prozent). Bei der Bundestagswahl 2017 stellten die über 60-Jährigen erstmals die größte Wählergruppe dar.
Gerade im Zuge der Externer Link: Klimabewegung zeigte sich zuletzt, dass sich viele Jugendliche von politischen Entscheidungen rund um Themen und Probleme, die sie direkt betreffen, ausgeschlossen fühlen. Deshalb fordern Politikerinnen und Politiker von Grünen, SPD und FDP eine weitere Reduzierung des Wahlalters auf 16 Jahre. Kritikerinnen und Kritiker mahnen hingegen, dass 16- und 17-Jährige leichter manipulierbar seien und aufgrund ihrer Minderjährigkeit noch nicht die nötige Reife hätten. Die Argumente sind auf beiden Seiten vergleichbar mit denen, die der Reform 1970 vorangingen.
Und in Europa?
Auch auf Interner Link: europäischer Ebene wird über die frühere Einbindung Jugendlicher in den politischen Prozess diskutiert. Das Interner Link: EU-Parlament hat 2015 offiziell eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre gefordert – auch der Interner Link: Europarat empfiehlt einen entsprechenden Schritt für die Mitgliedsstaaten. Im Großteil der EU-Länder liegt das Wahlalter aber noch immer bei 18 Jahren. Eine Ausnahme bilden Interner Link: Österreich und Interner Link: Malta: In Österreich dürfen 16- und 17-Jährige seit 2007 bei Nationalratswahlen abstimmen. Malta senkte das Wahlalter 2018 auf 16 Jahre.
In Interner Link: Kroatien und Interner Link: Slowenien dürfen zumindest Berufstätige in dieser Altersgruppe ihre Stimme abgeben.