Notstand in Ungarn :
Was sagt die EU dazu?

Thomas Gutschker
Ein Kommentar von Thomas Gutschker
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Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hält im Parlament in Budapest am 23. März eine Rede zur Corona-Pandemie.
Die Corona-Pandemie erfordert in vielen Ländern außergewöhnliche Maßnahmen. Aber im Fall Ungarn muss die EU nun entscheiden, wie sie mit einem Mitgliedstaat umgeht, der sich von europäischen Werten verabschiedet.

„Was auch immer es kostet“ – wie oft hat man diesen Satz in den vergangenen Wochen aus Brüssel gehört. Hätte der Erfinder Mario Draghi ihn sich patentieren lassen, damals in der Schuldenkrise, könnte er damit jetzt ein Vermögen verdienen. Natürlich haben alle, die den Satz wiederholen und abwandeln, massive Hilfen für die Wirtschaft im Sinn.

Doch Viktor Orbán nahm ihn als Vorlage für etwas ganz anderes. Der ungarische Ministerpräsident beantragte, dass er ohne zeitliche Befristung mit Dekreten regieren kann. Ob er damit durchkommt? Das hängt von der heimischen, stark geschrumpften Opposition ab und vom Gegenwind, der ihm nun aus Brüssel entgegenschlägt.

Die Coronavirus-Pandemie stellt jedes Land der Welt vor ungeahnte Herausforderungen. Viele haben den Notstand ausgerufen. Doch führen Italien und Spanien gerade vor, wie selbst unter schwierigsten Bedingungen Politik und parlamentarische Kontrolle weiter möglich bleiben.

Auch in anderen Ländern finden Parlamente kreative Wege, wie sie angesichts von Kontaktverboten und Ausgangsbeschränkungen arbeitsfähig bleiben. Orbán dagegen redet von „kollektiver Verteidigung“ und von „Schlachtfeldern“, als befände sich sein Land im Krieg. Die Europäische Union muss nun – abermals – darüber entscheiden, wie sie glaubwürdig mit einem solchen Staat in ihren Reihen umgeht, einem Mitglied, das sich von wichtigen europäischen Werten offenbar verabschiedet.