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Deutschland Corona-Pandemie

80 Prozent der deutschen Kommunen ohne Notfallplan

Nur jede fünfte Gemeinde mit Epidemie-Notfallplan

Die Corona-Krise hat deutsche Städte und Gemeinden fast unvorbereitet getroffen. Eine aktuelle Umfrage unter 2300 Bürgermeistern zeigt, dass 80 Prozent der Kommunen in Deutschland über keine Notfallpläne im Falle einer Epidemie verfügen.

Quelle: WELT

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Eine Umfrage unter 2300 Bürgermeistern zeigt: Nur die wenigsten waren auf eine Pandemie vorbereitet. Vor allem kleinen Städten und Gemeinden fehlen entsprechende Notfallpläne. Die Bürger wenden sich besonders mit einem Problem an die lokalen Verwaltungen.

Als das Virus seine tödliche Kraft erstmals so richtig in Deutschland entfaltete, traf es keine Großstadt, keine Metropole wie Berlin oder Köln. Es verbreitete sich im Hinterland, im Kreis Heinsberg mit seinen zehn Gemeinden. Am 6. März hatte das Robert-Koch-Institut den Kreis zu einem besonders betroffenen Gebiet der Covid-19-Pandemie erklärt.

Eine aktuelle Umfrage kommt jetzt unter anderem zu dem Ergebnis, dass in Deutschland kleinere Städte und Gemeinden schlechter auf solche Herausforderungen eingestellt sind als Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Das geht aus einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der Zeitschrift „Kommunal“ hervor, die eng mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund zusammenarbeitet. Sie lag WELT AM SONNTAG vorab vor.

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Demnach hat die Coronavirus-Krise deutsche Städte und Gemeinden meist unvorbereitet getroffen. Die anonymisierte Umfrage unter mehr als 2300 Bürgermeistern zeigt, dass 80 Prozent der Kommunen keine Notfallpläne für Epidemien haben – trotz der ersten Sars-Pandemie Anfang des Jahrtausends und der Ehec-Ausbreitung in Norddeutschland vor etwa zehn Jahren.

Dabei zeigt sich zudem ein Gefälle zwischen Großstadt und ländlichen Gebieten: Knapp 80 Prozent der Bürgermeister von Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern gaben an, dass sie über entsprechende Pläne verfügten. Die Ergebnisse zeigen außerdem: Selbst dort, wo es entsprechende Notfallpläne gebe, seien nur rund ein Viertel nach Meinung der Bürgermeister „weitgehend“ anwendbar. In knapp 70 Prozent der Kommunen wären die Pläne nur „teilweise“ anwendbar. Knapp sechs Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Notfallpläne „überhaupt nicht“ nutzen könnten.

„Hier gibt es Lücken. Epidemien gehören in jeden Notfallplan“, sagte Christian Haase (CDU), kommunalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion auf Anfrage dieser Zeitung. „Diese Pläne waren doch eher von Hochwasserereignissen, Orkanschäden oder Großbränden geprägt. In der Krise wird nun deutlich, wie viele Bereiche von der Kita bis hin zu den Obdachlosen berührt sind.“ Hier müsse im Nachgang nachgeschärft werden.

Gleichwohl gaben 97 Prozent der Antwortgeber an, dass ihre Kommunen mit den Auswirkungen der Epidemie bis jetzt noch zurechtkämen. Lediglich zwei Prozent der Bürgermeister fühlten sich bereits heute überfordert. Hier zeigt sich wird wiederum deutlich: Je größer die Gemeinde, desto eher mache sich bei Verantwortlichen derzeit Unsicherheit breit. So fühlten sich in kleineren Kommunen weniger als zwei Prozent überfordert, während es fünf Prozent der Bürgermeistern in Großstädten waren.

Laut Umfrage haben mittlerweile 40 Prozent der Städte und Gemeinden ihren Publikumsverkehr vollständig eingestellt. Lediglich ein Prozent der Kommunalverwaltungen seien noch vollständig für den Publikumsverkehr geöffnet, 58 Prozent böten eingeschränkte Dienste an. „Die Arbeit in den Rathäusern wurde durch Corona völlig auf den Kopf gestellt. Umso mehr erstaunt es, wie schnell die Städte und Gemeinden reagieren konnten“, sagte „Kommunal“-Chefredakteur Christian Erhardt zu WELT AM SONNTAG. Vier von fünf Kommunen hätten kurzfristig Homeoffice-Arbeitsplätze ermöglicht.

Am häufigsten würden sich Bürger mit Problemen bei der Kinderbetreuung an die Gemeindeverwaltungen wenden. Davon berichten insgesamt 58 Prozent der Befragten – besonders häufig passiert das in Ostdeutschland, dort nämlich in 70 Prozent der Kommunen. Aus Nordrhein-Westfalen hingegen meldeten dies nur 43 Prozent der Befragten. Dort scheinen hingegen die Geldsorgen besonders groß zu sein: 72 Prozent der Bürgermeister aus NRW berichteten von Anfragen mit Blick auf die Finanzen. Am seltensten würden Kommunen nach Finanzierungshilfen in Bayern gefragt (44 Prozent).

Hier zeigt sich auch das Stadt-Land-Gefälle: Bürger in kleineren Gemeinden sorgten sich seltener um ihre finanzielle Situation (47 Prozent in Orten unter 5000 Einwohnern) als Bürger in Großstädten (knapp 90 Prozent). Weiterhin beschäftigt die Bürger die Sorge um geschlossene Geschäfte und Versorgungsengpässe (38 Prozent). Fragen zum Coronavirus, wie etwa Ansteckungsmöglichkeiten, Verhaltensregeln oder Schutzmaßnahmen, stellten 36 Prozent.

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Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern Sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

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Quelle: WELT AM SONNTAG

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