Innere Sicherheit - München:Extremismus wächst in Bayern weiter

Bayern
Joachim Herrmann (CSU), Innenminister von Bayern. Foto: Sven Hoppe/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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München (dpa/lby) - In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Personen, die als Extremisten einzustufen sind, in Bayern immer weiter gestiegen - so auch 2019. Die Sicherheitsbehörden zählten im vergangenen Jahr 4185 Islamisten, 3920 Reichsbürger, 3600 Linksextreme, 2570 Rechtsextreme im Freistaat. Die größte Bedrohung für die innere Sicherheit sei aktuell der Rechtsextremismus, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2019 am Freitag in München. Traurige Beispiele bundesweit seien der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni und der Anschlag auf eine Synagoge in Halle im Oktober.

RECHTSEXTREMISMUS: 2019 ist die Zahl der Rechtsextremisten in Bayern um 210 auf 2570 gestiegen (2018: 2360). Wie schon in den Jahren zuvor zählen die Verfassungsschützer dazu rund 1000 Personen, die als gewaltorientiert gelten. Zunehmend gehörten die Extremisten nicht mehr rechtsextremistischen Parteien oder Gruppierungen an, sonder mehr und mehr dezentralen Strukturen, vor allem im Internet. Rund 1200 Personen - also rund 46,6 Prozent der Szene - seien nicht in klassischen Gruppen organisiert. Sie würden vor allem in geschlossenen Bereichen des Internets agieren und sich dort radikalisieren, "lange bevor oder ohne dass sie vorher durch entsprechende Aktivitäten in der realen Welt auffallen", sagte Herrmann.

ISLAMISTISCHER TERROR: Die Zahl der organisierten Menschen in entsprechenden Gruppierungen ist 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Personen auf 4185 gestiegen (2018: 4155). Die "Mili-Görüs"-Bewegung zählt mit rund 2900 Anhängern neben den Salafisten weiterhin die meisten Mitglieder. Deutschland sei 2019 zwar von islamistisch motivierten Terroranschlägen verschont geblieben, dennoch sei die Gefahr nicht gebannt, sagte Herrmann. Das zeige sich durch Anschläge in benachbarten Ländern. Vor allem der sogenannte moderne Terror, der sich ebenfalls oft über dezentrale Strukturen im Internet organisiere, sei besonders gefährlich.

Mehr als 1050 Personen seien nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden bis zum Jahresende aus Deutschland in Richtung Syrien und Irak ausgereist, sagte Herrmann. Bei mehr als 230 Personen sei davon auszugehen, dass sie zu Tode gekommen seien - davon 13 aus Bayern. Aktuell halten sich den Angaben zufolge 21 Rückkehrer aus den Kampfgebieten in Bayern auf, davon sind vier in Haft.

LINKSEXTREMISMUS: Von den rund 3600 Linksextremisten in Bayern (2018: 3500) werden 785 Personen als gewaltbereit eingestuft - das sind 7,5 Prozent mehr als noch 2018 (730). Für den Anstieg sei vor allem das Anwachsen der autonomen Szene verantwortlich, sagte Herrmann. Die Gesamtzahl der linksextremistischen Straftaten ist den Angaben zufolge gegenüber dem Vorjahr gesunken. Allerdings würden Szene-Publikationen einzelne Straftaten auflisten und zur Nachahmung auffordern, sagte der Innenminister.

EXTREMISMUS IN DER CORONA-Krise: Die Corona-Krise wird den Erkenntnissen der Verfassungsschützer zufolge von Extremisten ausgenutzt. In anarchistischen Zeitschriften wird laut Landesamt für Verfassungsschutz dazu aufgefordert, Plünderungen vorzunehmen und gegen den nach ihrer Ansicht repressiven Staat vorzugehen. Rechtsextreme, vor allem Mitglieder der Partei Der Dritte Weg inszenierten sich als vermeintliche Helfer. Und der sogenannte Islamische Staat habe vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie seine Anhänger aufgefordert, "diese als Chance zu nutzen, um die westlichen Gesellschaften mit Anschlägen zu destabilisieren", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Auch durch Verschwörungstheorien machen Extremisten verstärkt Stimmung.

"REICHSBÜRGER": Hinsichtlich der "Reichsbürger"-Szene gebe es gute Nachrichten, teilte das Innenministerium mit: Zum Jahresende 2019 seien 3920 Personen der Szene zugerechnet worden - das sind 280 weniger, als im Jahr zuvor (2018: 4200). Diese Entwicklung sei "das Ergebnis einer konsequenten Null-Toleranz-Politik der Staatsregierung", so Herrmann.

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