Das Verteidigungsministerium will zum ersten Mal seit 13 Jahren wieder den Einfluss des politischen Extremismus in der Bundeswehr untersuchen lassen. Nach Informationen des Spiegel sollen dabei auch die parteipolitischen Präferenzen der Soldatinnen und Soldaten abgefragt werden. Dies soll in Form der sogenannten Sonntagsfrage erfolgen, in der danach gefragt wird, welche Partei man wählen würde, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre.

Das Design der umfassenden sozialwissenschaftlichen Studie wird demnach zurzeit vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in ­Zusammenarbeit mit dem Beirat Innere Führung erarbeitet. Die Ergebnisse sollen im kommenden Jahr veröffentlicht werden. 

Die letzte empirische Untersuchung dieser Art ist 13 Jahre alt. Damals wurde der Offiziersnachwuchs an den Bundeswehruniversitäten in München und Hamburg befragt. Fast die Hälfte der Studenten meldete Kritik am "politischen System" und dem Zustand des Parlamentarismus an. Die Untersuchung ergab aber auch, dass die Zustimmungswerte für neurechtes Gedankengut bei den 15- bis 32-jährigen Zivilisten mit 26 Prozent doppelt so hoch lagen wie bei den Offiziersstudenten der Bundeswehrunis.

Nach Informationen des Spiegel prüft der Militärische Abschirmdienst (MAD) – der für die Bundeswehr zuständige Nachrichtendienst – zurzeit 638 rechtsextreme Verdachtsfälle bei der Bundeswehr. Von den bis zu 25.000 Rekruten, die jedes Jahr bei der Bundeswehr anfangen, wurden demnach in den vergangenen drei Jahren 38 bei Sicherheitsüberprüfungen wegen rechtsextremistischer Einstellungen aussortiert. 78 Bewerber wurden in den vergangenen neun Monaten schon im Bewerbungsprozess ausgeschlossen.

Anfang Juli hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) einen konsequenten Einsatz gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr angekündigt. Das gilt insbesondere für die Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK): Ein Teil soll aufgelöst und die Aufsichten über die Einheit anders geführt werden. Zudem werde die Ausbildung neu organisiert, sagte Kramp-Karrenbauer.  Zuvor war unter anderem aufgefallen, dass Munition und Material verschwunden waren. Bis Ende des Jahres soll ermittelt werden, wie dieses Fehlen zu erklären ist.

Weiterer KSK-Offizier im Visier des MAD

Wie der Spiegel weiter berichtet, ermittelt der MAD seit Mitte Juni gegen einen weiteren KSK-Offizier wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus. Den Aussagen von Kameraden zufolge soll sich Oberstleutnant W., der für die Ausbildung der Kommandosoldaten zuständig war, bei einer Mission der Einheit in Afghanistan im Jahr 2019 mehr als zweifelhaft eingelassen haben. Demnach sagte W. bei einer Besprechung mit anderen Soldaten, die Lage am Hindukusch sei ja "wie der Holocaust". Als es später in der Besprechung um eine Milchpreiserhöhung in dem Bürgerkriegsland ging, habe der KSK-Ausbilder gefragt, welche "Judensau" das denn wohl organisiert habe. Nach den Hinweisen wurde der Oberstleutnant umgehend in den Urlaub geschickt. Gegen ihn wurden disziplinarische Ermittlungen aufgenommen.

Der Truppengeheimdienst MAD gerät dem Magazin zufolge auch selbst wegen eines mutmaßlich rechtsextremen Mitarbeiters unter Druck. Der Mann sei eilig abgezogen worden. Er habe als Verbindungsbeamter gearbeitet und sollte den Informationsaustausch mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) koordinieren.