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Urteil im Islamistenprozess«Emir von Winterthur» zu 50 Monaten verurteilt

Sandro V. an seiner Verhandlung im August.

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Eine der früher zentralen Figuren der Winterthurer Islamistenszene ist zu 50 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Bundesstrafgericht hat Sandro V., der sich selber «Emir» nannte, wegen Unterstützung einer kriminellen Organisation und Gewaltdarstellungen schuldig gesprochen. Beim Strafmass ging die Kammer sogar noch über die Forderung der Bundesanwaltschaft hinaus, die 42 Monate gefordert hatte.

Für das Gericht steht ausser Frage, dass V. eine fanatischer IS-Anhänger war. Es ist überzeugt, dass sich der heute 34-jährige Sozialhilfebezüger Ende 2013 selber auf das Gebiet der Terrororganisation begab. In der Gegend von Aleppo habe er rund drei Wochen lang bewaffnet und in Kampfkleidung Wachdienst geleistet und trainiert. Die Beteuerungen des Familienvaters mit Schweizer Pass, er habe in Syrien humanitäre Hilfe geleistet, nahm ihm die Dreierkammer nicht ab.

«Kaltblütig und menschenverachtend»

Nach seiner Rückkehr ist V. laut dem Bundesstrafgericht zu einem Rekrutierer für den IS geworden. Er habe in Teilen der Schweiz die Koranverteilaktion «Lies!» geleitet und in Winterthur eine islamistisch geprägte Kampfsportschule gegründet, um Jugendliche und junge Männer für die IS-Ideologie zu gewinnen. «Kaltblütig und menschenverachtend» sei V. vorgegangen, sagte der Kammervorsitzende Martin Stupf in der mündlichen Urteilsbegründung. Als «ideologischer Überzeugungstäter» sei er nicht einmal davor zurückgeschreckt, Minderjährige anzuwerben.

Nachgewiesen ist für das Gericht, dass V. einen damals 16-jährigen KV-Lehrabbrecher aus Winterthur indoktrinierte, der sich vor Weihnachten 2014 mit seiner 15-jährigen Schwester zum IS begab. Als eine Art väterlicher Freund und religiöse Autorität habe V. auch einen weiteren Jugendlichen stark beeinflusst, der sich als Kämpfer der Terrororganisation anschloss und beim nordsyrischen Kobane umkam.

Weiter habe V. zwei Erwachsene, darunter den süddeutschen Thaibox-Weltmeister Valdet Gashi, dazu bewegt, sich zum IS und nicht zum syrischen Al-Qaida-Ableger Nusrafront zu begeben. Gashi ist ebenfalls bei Kobane getötet worden.

Drei Jahre hinter Gittern drohen

Sandro V. hingegen hatte in der Hauptverhandlung in Bellinzona vor einem Monat die Vorwürfe wortreich bestritten, aber seien früheren Fanatismus bereut. Er führte aus, er habe sich «selber deradikalisiert». Polizeiberichte bestätigen, dass es sich vom radikalen Islam distanziert hat. Bleibt das Urteil vom Freitag morgen bestehen, muss V. nochmals gegen drei Jahre ins Gefängnis. Ein Jahr lang war er bereits in Untersuchungshaft gesessen, was angerechnet wird.

Erfreute Anklage, unzufriedene Verteidiger

Während sich die Anklagebehörde, vertreten durch Juliette Noto, mit dem Urteil zufrieden zeigte, kündigte Stephan Buchli, der Verteidiger von V., an, dass er Berufung anmelden werde. Die mündliche Begründung könne er in vielen Punkten nicht nachvollziehen.

Weiterziehen dürfte das Urteil voraussichtlich auch der zweite Verurteilte – obschon er im Gegensatz zum Hauptangeklagten V. glimpflich davon gekommen ist. Für den 36-jährigen Mazedonier sprach das Gericht eine bedingte Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 40 Franken aus.

Hängen blieben von schwerwiegenden Vorwürfe gegen ihn letztlich drei Propagandaaufnahmen für den IS, die er an Sandro V. geschickt hatte. Dies wertet das Gericht als Unterstützung einer kriminellen Organisation, konkret: des Islamischen Staates. «Der Berg hat eine Maus geboren», kommentierte der zweite Verteidiger Dominic Nellen.

Freigesprochen wurde sein Mandant von der Anschuldigung, die 15-Jährige aus Winterthur, die mit ihrem Bruder zum IS gereist war, für die Terrororganisation rekrutiert zu haben. Auch für die angeklagten sexuellen Handlungen mit der damals Minderjährigen sah das Gericht keinen Beweis. Der Beschuldigte wie die junge Frau hatten stets bestritten, ein Verhältnis gehabt zu haben.