Polizeieinsatz mit bewaffneten Polizisten vor einem Streifenwagen
APA/GEORG HOCHMUTH
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Justiz

Dschihadisten: Bewährungshelfer fordern Gespräche

Seit dem islamistischen Terroranschlag in Wien gibt es auch in Salzburg eine heftige Debatte über die Haftentlassung von verurteilten Dschihadisten entbrannt. Bewährungshelfer fordern eine bessere Zusammenarbeit von Polizei, Gerichten, Justizvollzug und Sozialvereinen – und mehr Kommunikation.

In Salzburg wurden in den vergangenen Jahren vier aus der Haft entlassene Islamisten von Bewährungshelfern betreut. Um weitere Attentate zu verhindern, brauche es dringend mehr Austausch und Kommunikation der Organisationen, Justiz und Einsatzkräfte, betont Andreas Szembaty.

„Man kann immer getäuscht werden“

Er ist Pressesprecher der Bewährungshilfe-Organisation „Neustart“ und selbst Betreuer solcher Täter: „Es betrifft die polizeiliche Sicherheitskonferenz zwischen Exekutive, Gerichten, Strafvollzug und den beteiligten Organisationen wie unserem Verein. Diese Partner sollten an einem Tisch sein. In der Betreuung von Menschen kann man immer getäuscht werden. Diese Gefahr ist immer gegeben.“

Für die kommenden Jahre erwarten Experten in der Abwehr von Terrorismus eine Reihe von Haftentlassungen von ehemaligen oder noch immer aktiven Dschihadisten. Viele wollten in den vergangenen Jahren immer wieder nach Syrien reisen, um Krieg zu führen bzw. Verbrechen zu begehen.

Es geht in Salzburg bisher um zwei junge Frauen und zwei junge Männer – alle mit „Migrationshintergrund“, die von speziell ausgebildeten Mitarbeitern des Vereins „Neustart“ in Salzburg betreut wurden bzw. werden.

Viel mehr Islamisten in Ostösterreich

Die Familien der Haftentlassenen seien zum Teil bereits in der zweiten oder dritten Generation in Österreich – meist mit Doppelstaatsbürgerschaften, sagt Bewährungshelfer Szembaty: "Das ist im bundesweiten Vergleich eine geringe Zahl. Im Osten wurden 80 Dschihadisten betreut.“

120 aus Haft entlassene Dschihadisten waren in den vergangenen Jahren in ganz Österreich im „Deradikalisierungsprogramm“ von
„Neustart“ und dem Netzwerk „Derad“. Nur vier der Männer seien als Terroristen rückfällig geworden, darunter der Attentäter von Wien. Andere hätten weitere Taten geplant, sagen Insider.

Salzburger Jurist verweist auf Amtshaftung

Nach dem islamistischen Terror in Wien könnte sich die Frage der Amtshaftung stellen – weil das BVT die Information über den versuchten Munitionskauf des späteren Attentäters in der Slowakei nicht an die Justiz weitergegeben habe. Das sagt der Salzburger Jurist und Universitätsprofessor Andreas Kletecka – mehr dazu in salzburg.ORF.at (6.11.2020)