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Umstrittene WDR-Moderatorin Kontroverse Debatte im WDR-Rundfunkrat über El-Hassan

Eigentlich sollte Nemi El-Hassan die Wissenschaftssendung »Quarks« moderieren. Nach Antisemitismus-Vorwürfen ist der Rundfunkrat uneins, wie es für die Moderatorin beim WDR weitergehen soll.
Nemi El-Hassan

Nemi El-Hassan

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Tilman Schenk / WDR

Der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks (WDR) hat verschiedenen Medienberichten zufolge am Freitag zum zweiten Mal über den Antisemitismus-Vorwurf gegen die Journalistin Nemi El-Hassan diskutiert. Die 28-Jährige sollte ursprünglich die Wissenschaftssendung »Quarks« moderieren, doch nach Bekanntwerden und Prüfung der Vorwürfe hatte sich der Sender vorerst dagegen entschieden. »Es ist eine schwierige, schwierige Abwägung«, wiederholte Intendant Tom Buhrow am Freitag.

In der ersten Diskussion Ende September hatten sich zahlreiche Rundfunkratsmitglieder zu Wort gemeldet und sich ganz überwiegend gegen eine Beschäftigung von El-Hassan beim WDR in welcher Form auch immer ausgesprochen. Dieses Mal gingen die geäußerten Meinungen offenbar stärker auseinander.

Einigkeit herrschte nach wie vor darüber, dass Antisemitismus im WDR weder vor noch hinter der Kamera einen Platz haben dürfe. Unterschiedlich bewertet wurde jedoch die Frage, ob die Meinungsbekundungen der palästinensisch-stämmigen Journalistin wirklich als antisemitisch eingestuft werden können.

Jürgen Bremer von der Deutschen Initiative für den Nahen Osten führte aus, er habe zu dem Thema den ehemaligen israelischen Botschafter in Deutschland, Avi Primor, und den Historiker und Antisemitismusforscher Moshe Zimmermann befragt. »Sie kommen im Ergebnis zu dem Schluss: Man muss wirklich den Kontext beachten, in dem diese Posts von Frau El-Hassan gemacht worden sind«, sagte Bremer. Die Posts, die ihr vorgehalten würden, seien auch von jüdischen Israelis geteilt worden. Beide seien zu dem Schluss gekommen, es sei falsch, El-Hassan nicht länger bei »Quarks« zu beschäftigen.

Ganz anders äußerte sich Isabella Farkas, die für die Landesverbände der jüdischen Gemeinden im Rundfunkrat sitzt. Sie verwies darauf, dass El-Hassan unter anderem einen Post über den Ausbruch verurteilter Terroristen aus einem israelischen Gefängnis gelikt habe. »Ich war zu dem Zeitpunkt in Israel, das Land war in Schockstarre«, berichtete sie. Mit Blick auf El-Hassan dürften Personen mit einer derartigen Gesinnung in keinem Format des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen Platz haben, geschweige denn das Gesicht des WDR werden. »Man hätte ihr die Wandlung glauben können, wenn da nicht die Tweets aus diesem Jahr wären«, zitiert der Kölner Stadt-Anzeiger  Farkas.

Der Rundfunkratsvorsitzende Andreas Meyer-Lauber rief in Erinnerung, dass der Rundfunkrat in Personalangelegenheiten keine Befugnisse habe. »Wir haben hier nix zu entscheiden«, stellte er klar. Er gehe aber davon aus, dass Intendant Buhrow das Aufsichtsgremium weiter informieren werde.

Nemi El-Hassan steht unter anderem in der Kritik, weil sie vor Jahren an einer Al-Kuds-Demonstration in Berlin teilgenommen hatte. Bei diesen Kundgebungen sind in der Vergangenheit immer wieder antisemitische Parolen gerufen und Symbole der proiranischen libanesischen Hisbollah-Bewegung gezeigt worden. Im SPIEGEL-Interview bezeichnete El-Hassan es im Nachhinein als Fehler, »auf diese Demo zu gehen, ohne mich vorher ausreichend zu informieren«.

tfb/dpa