Düsseldorf (dpa/lnw) - Im Prozess gegen mutmaßliche Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben vier der fünf Angeklagten aus Oberhausen die Vorwürfe gestanden. Zuvor hatte ihnen die Vorsitzende Richterin beim Prozessauftakt am Düsseldorfer Oberlandesgericht am Mittwoch Bewährungsstrafen in Aussicht gestellt.

Bei den Angeklagten handelt es sich überwiegend um Familienangehörige eines mutmaßlichen IS-Terroristen aus Oberhausen, der sich nach Syrien abgesetzt hatte. Von Oberhausen aus sollen ihn seine Mutter, Geschwister und die Lebensgefährtin eines Bruders danach mit regelmäßigen Geldtransfers unterstützt haben.

Als Hauptverdächtige hat nun die Mutter mit bis zu zwei Jahren Haft auf Bewährung zu rechnen. "Ich wusste, dass er da gekämpft hat, das kann ich nicht leugnen", sagte sie über ihren Sohn. "Das war ein Schock für mich, ich konnte das nicht begreifen."

Religiöser Fundamentalismus sei ihrer Familie fremd, sie selbst trage kein Kopftuch und habe ihre Kinder mit ihrem Mann liberal erzogen. Dennoch habe sie ihren Sohn in Syrien unterstützt und gar nicht darüber nachgedacht, dass das illegal sein könnte, sagte die 60-Jährige. Ihr Sohn habe nur einen kleinen Koffer mit Gepäck für eine Woche Urlaub mitgenommen.

Ein Bruder des 2018 getöteten mutmaßlichen IS-Terroristen gestand ebenfalls, Geld geschickt zu haben. "Mein Bruder hat uns immer einen Beleg geschickt, dass das Geld bei ihm angekommen ist", sagte er. Bei einem Pauschalurlaub in die Türkei habe sich sein Bruder plötzlich abgesetzt und gesagt, er bleibe länger. Er, der Bruder, habe nichts davon geahnt. Zwei Wochen lang habe er sich nicht gemeldet und dann geschrieben: "Ich bin jetzt drüben."

Er sei in Tränen ausgebrochen, als er das gelesen habe, sagte der Angeklagte. "Unser Vater hatte Darmkrebs und nicht mehr lange zu leben. Ich war verärgert. Der ist einfach abgehauen und dann auf so eine Art", sagte er. Für den IS habe er nichts übrig: "Ich befürworte so etwas gar nicht, aber das ist mein Bruder."

Die Verteidiger argumentierten, ihren Mandanten sei es nicht darum gegangen, den IS zu unterstützen, sondern ihren Bruder oder Sohn und dessen Familie. Der mutmaßliche IS-Terrorist soll in Syrien mit seiner Frau zwei Kinder gezeugt haben.

Der Anwalt des Bruders und einzige Angeklagte, der kein Geständnis ablegte, sagte, sein Mandant habe angenommen, das Geld diene dem Zweck, dass wenigstens die Familie seines Bruders Syrien verlassen könne.

Über einen längeren Zeitraum waren laut Anklage monatlich meist zwischen 500 und 1000 Euro per Auslandsüberweisung in den Nahen Osten geflossen. Dort soll das Geld von IS-Kontaktleuten abgeholt worden sein. Der Anbieter hatte nach und nach mehrere der Einzahler gesperrt.

Die 24 bis 60 Jahre alten Familienmitglieder hatten dem mutmaßlichen IS-Terroristen der Anklage zufolge innerhalb von drei Jahren so insgesamt 20.000 Euro überwiesen. Die Summe soll in knapp 30 Geldtransfers geflossen sein.

Der mutmaßliche IS-Terrorist ist nach Auskunft der Ermittlungsbehörden im November 2018 bei Kämpfen in Syrien getötet worden. Die Angeklagten sind alle auf freiem Fuß. Das Gericht hat bis Mitte März sieben Verhandlungstage für den Prozess angesetzt.

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